Weinwissen: Trollinger – Der blasse Schwabe

Seit dem 14. Jahrhundert ist diese Rebsorte in den Weingärten Deutschlands nachgewiesen. In Italien, außer in Südtirol, ist sie unter dem Namen Schiava bekannt. In Südtirol wir sie als Vernatsch bezeichnet. Beim Gemüsehändler als Tafeltraube und im Gartencenter als Zierde für den Obstgarten wird sie als Black Hamburg verkauft. In Deutschland wir dieser Wein fast ausschließlich nur im Württembergischen angebaut und ist hier der beliebte süffige Nationalwein der Schwaben. Von Weinsnobs oft missachtet oder unterschätzt, ist er für die Schwaben ein flüssiges Kulturgut. Und es ist noch nicht so lange her, da musste man sich als Weinfreund über jeden Liter Trollinger freuen, der die schwäbischen Landesgrenzen überschritt und nicht im Ländle von der alemannischen Urbevölkerung selbst getrunken wurde. Der Trollinger ist eine Traube, die in der Regel einfache Zechweine hervorbringt und oft mit einer Süße ausgebaut wird, die ihm eine gewisse Süffigkeit verleiht. In der Farbe ist dieser Rotwein so zart, dass er gelegentlich böswillig als Rose bezeichnet wird. Aber es steht außer Frage, dass ein anständiger Trollinger, der sich robinrot im Glas präsentiert, mit seiner knackigen Säure viel Spass als frischer und saftiger Begleiter durch eine lange Nacht machen kann. Und auch gekühlt im Sommer bei der Grillparty ist der Trollinger eine gute Wahl. Um einen anständigen Wein zu erzeugen, ist bei der wuchsfreudigen Rebsorte mit Frostanfälligkeit eine extreme Ertragsreduzierung erforderlich. Eine eigenständige Spielart, mit zartem Muskatton ist die Sorte Muskattrollinger. Hier gibt es interessante filigrane Weine zu entdecken, die rech selten sind. Im Anbau ist sie aber noch anspruchsvoller als der große Bruder. In württembergischen Weingärten wird der Trollinger mit großer Hingabe angebaut. In anderen Regionen Deutschland wird diese Liebe wohl auch wegen der sehr späten Reife nicht geteilt. Hier setzt man dann in den guten Lagen auf den früher reifenden Riesling. Die Urheimat des Trollingers ist mutmaßlich Tirol. Hierauf lässt der Name schließen. Aus Tirolinger wurde durch Verkürzung oder Maulfaulheit Trollinger. Es gibt aber auch einige Gelehrte, die davon ausgehen, dass die Römer den Trollinger schon im Gepäck hatten und ihn mit an den Rhein brachten. Sehr wichtig ist der Trollinger auch als Kreuzungspartner bei der Zucht neuer Rebsorten. Unter den Fittichen des bekannten Züchters August Herold ist er Elternteil von so erfolgreichen Rebsorten wie Helfensteiner und Kerner.

Frank Schollenberger
Sommelier